Jagdgeld auf dem Schützenfest

Die Ernte ist eingebracht: Wie jedes Jahr findet in Arrenkamp im Spätsommer das Schützenfest statt; das gleiche geschieht überall in Stemwede, ob in Wehdem, in Sundern oder auch in Westrup. Levern hat sein Schützenfest genauso wie Stemshorn, wie Lemförde und wie Hüde am Dümmer See.

Heute ist Onkel Herman auf dem Schützenfest in Lübbecke: Er ist dort Knecht. Es ist ein schöner Tag, das Wetter ist prachtvoll, die Stimmung heiter. Eines der ortsansässigen Mädchen gefällt ihm besonders gut. Sie tanzen mit Vergnügen, sie tanzen immer wieder miteinander.

In einer Tanzpause treten Burschen aus Lübbecke an Onkel Herman heran: „Wir haben nichts dagegen, dass dir ein Mädchen aus unserem Ort gut gefällt. Doch das Jagdgeld, das musst du nach Brauch bezahlen!“ Das trifft so gar nicht den Geschmack von Onkel Herman. Er ist für Recht und Freiheit; er denkt sich: „Mädchen sind doch kein Jagdwild – und überhaupt sind diese Jungens keine Förster.“ Folgerichtig tut er keine Runde aus.

Das Fest geht zu Ende, Onkel Herman bringt das bezaubernde Mädchen nach Hause. Nachdem er sich geziemlich verabschiedet hat, macht er sich auf seinen Heimweg. Die Jungens aus Lübbecke folgen ihm. Er tut so, als würde er das nicht bemerken: Er steckt sich eine Zigarre an und raucht nach allen Regeln der Kunst.

Die Meute der Lübbecker nähert sich, langsam aber sicher. Onkel Herman wird heiß, ihm wird die Sache zu heiß. Da sieht er einen beladenen Mistwagen stehen. Er läuft los, die Verfolger rennen ebenfalls los, hinter ihm her. Man hört jagende Schritte, Keuchen und Grunzen. Onkel Herman reißt den Misthaken herunter, gerade noch drei, vier Meter bevor die Meute heran ist – er schlägt dem ersten der Jungens mit der stumpfen Seite, mit dem Stil der Forke vor den Kopf.

Es tut einen Schlag, man hört das Holz auf den Schädelknochen treffen; dann noch ein dumpfer Schlag: Der Angreifer fällt wie tot auf den Erdboden. Starr, wie vom Donner gerührt stehen die Spießgesellen hinter und auch neben ihrem Kameraden. Onkel Herman zögert nicht und macht sich durch die Felder davon.

Er ist entkommen: Doch um welchen Preis? Ist der Getroffene tot? Eilig packt Onkel Herman die wichtigsten Sachen und fährt am frühen Morgen mit dem ersten Zug nach Dortmund. Brieflich bittet er seinen Bruder Friedrich, ihm sein wertvollstes Eigentum, sein Fahrrad nachzuschicken.